Gesammelte
Anekdoten

Nerline ist 7 Jahre alt. Ich mach regelmässig Hausaufgaben mit ihr und mir ist aufgefallen wie gerne sie Mathematik hat und es auch gut kann. Ich habe ihr auf spielerische Weise die Multiplikation erklärt obwohl sie das noch nicht können muss, aber ich habe bemerkt, dass sie der Mathematikunterricht nicht fordert. Nerline hat das multiplizieren sehr schnell gelernt und ich muss ihr jetzt ständig neue Aufgaben stellen.

Neiva ist 10 Jahre alt. Ich habe eine besonders innige Beziehung zu ihr. Neiva ist sehr klug und ich lerne sehr gern mit ihr. Letztens hat sie mir erzählt, dass als sie ins Bildungszentrum kam habe sie gedacht Fussball sei ein Männersport und sie würde keine Gelegenheit bekommen zu spielen. Aber dieses Jahr habe sie begonnen zu trainieren und auch zu spielen. „Das Fussballspielen hat meine Alltag hier im Zentrum sehr bereichert. Inzwischen liebe ich es zu spielen.“ Aber Neiva hat nicht nur Talent für Fussball. Sie ist sehr vielseitig. Sie nimmt auch Klavierunterricht, sie kann sehr gut tanzen und sie ist auch eine der Mädchen die surfen geht.

Ich nutze das Fussballtraining mit den Mädchen der U16 oft für Gespräche über die unterschiedlichsten Themen. Oft bereite ich mich durch Recherche im Internet dafür vor. Vor nicht langer Zeit sass ich mit 8 Spielerinnen und wir haben über sexuellen Missbrauch geredet. Tarrafal gilt ja als die Gemeinde mit den meisten Missbrauchsfällen Kap Verdes. Ungute Erfahrungen mit Männern haben alle der Spielerinnen schon gehabt und auch darüber erzählt. Am Ende hab ich ein paar Steine genommen und jedem Stein einen Ort zugeordnet: Polizei, Schule, Bildungszentrum, Gericht, Gemeinde und weitere. Dann habe ich die Mädchen gefragt wohin sie gehen würden wenn sie von missbraucht würden. Eine der Mädchen hat gemeint zur Polizei, alle anderen haben gemeint sie würden zu uns kommen … Es freut mich dieses Vertrauen der Mädchen zu haben.

Ich war im Kunstraum und zwei Jungen haben angefangen über die Schule und ihre Lehrerinnen und Lehrer zu sprechen. Sie haben über die Bestrafungen gesprochen die die jeweilige Lehrerin oder jeweilige Lehrer verwendet. Wie so üblich bei solchen Gesprächen haben sie die Gewalt die ihnen angetan wird mit einem spöttischen Lächeln quittiert. Ich selbst war gar nicht erheitert, weil was ich gehört habe mich erschrocken hat. Ich dachte diese Art von Bestrafung gibt es nicht mehr, weil es ja tatsächlich verboten ist. Die Jungen haben davon erzählt wie der Lehrer sie mit einem Stock schlägt den er „Ferrero Roche“ nennt und wann immer die Kinder nicht folgen sagt er „ wollt ihr die beste Schokolade der Welt?“ und dann setzt es Schläge. Also für mich hat das schon sadistische Züge. Weiters erzählen sie davon wie der Lehrer sie an den Haaren packt oder am Kinn und sie zur Tafel „schleift“. Die Kinder als dumm zu bezeichnen erachten viele Lehrerinnen und Lehrer offensichtlich als geeignete Bildungsmassnahme … Dann haben die beiden Jungen noch von einem anderen Lehrer und einer anderen Lehrerin gesprochen. Der Lehrer der ein kleines Drahtseil in seiner Tasche mitbringt mit dem er die Kinder schlägt wenn sie die Hausaufgaben nicht ordentlich gemacht haben und die Lehrerin die immer ein Eisenrohr in ihrer Tasche mitbringt. Ich denke diese Geschichten zeigen die Bedeutung von Delta Cultura und dem Bildungszentrum.

Zequinho, 14 Jahre alt, kommt regelmässig ins Zentrum und nutzt gerne das Internet für Recherchezwecke. Vor einiger Zeit ist ihm sein Handy kaputtgegangen. In seiner Not kam er zu mir und meinte er bräuchte das Internet für Recherchezwecke er wolle versuchen sein Handy zu reparieren und dafür eine Anleitung im Internet suchen. Gesagt getan und es ist tatsächlich gelungen. „Seitdem kommen dauernd Freundinnen und Freunde zu mir und bitten mich ihr Handy auch zu reparieren.“ …

Sandrine ist 6 Jahre alt und meine Aufgabe ist es mit ihr die Hausaufgaben zu machen. Sandrine weiss natürlich, dass wir sie nicht zwingen die Aufgaben zu machen, aber ich lege es ihr schon immer sehr nahe es doch zu tun. Eines Tages war es wieder mal besonders schwierig sie davon zu überzeugen sich doch kurz zu konzentrieren und die Aufgaben zu machen. „Schau, wenn du dich konzentrierst und ich dir helfe sind wir in 20 Minuten damit fertig.“, habe ich versucht sie zu motivieren. „Ach Cutchinha. Mein Herz will heute so gar nicht Hausaufgaben machen“, war ihre doch sehr überzeugende Antwort.