Gesammelte
Anekdoten

Die Bedeutung von Freundschaft, Empathie und sich um Mitmenschen kümmern wird den Kindern indirekt jeden Tag vermittelt. Wenn sie sich streiten rege ich sie an sich gegenseitig zu helfen und Zuneigung zu zeigen. Heute, wenn ein Kind weint weil es hingefallen ist, sich sonst wie wehgetan hat oder von einem anderen Kind geärgert wurde, sind sofort einige andere Kinder dort um zu helfen und um Tränen wegzuwischen. Eines Tages hat Nediane im Kindergarten geweint weil sie so Bauchweh hatte. Nachdem sie sich bisschen hingelegt hatte, habe ich ihr geraten bisschen spazieren zugehen im Zentrum. Im selben Augenblick hat Miriam (5 Jahre alt) Nediane an der Hand genommen und mich gefragt: „Jassica soll ich mit ihr gehen?“ Als sie zurück gekommen sind hat mir Miriam ganz ausführlich und stolz erklärt wo sie überall hingegangen sind und was sie alles getan habe damit Nediane nicht geweint hat.

Ich habe meine Zeit als Freiwillige mit einem homosexuellen Freiwilligen geteilt. Leider ist Homosexualität in Tarrafal noch nicht wirklich akzeptiert, sprich für Unterschiede in sexueller Orientierung gibt es kaum Verständnis. Ich habe mehrmals diskriminierendes Verhalten von Kindern, jungen Leuten und Erwachsenen gegenüber meinem Kollegen erlebt. In einer dieser Situationen ist ein Kind zu mir gekommen und hat gesagt der Freiwillige sollte Delta verlassen weil hier sei kein Ort von Homosexuellen und fügte hinzu, dass sie ihn genau deshalb nicht möge und das ein Mann nicht wie eine Frau tanzen dürfe. Gemeinsam mit einer anderen Freiwilligen haben wir dem Mädchen versucht zu erklären, dass es sehr wichtig sei jemanden nicht nach seinen Gefühlen zu beurteilen, weil nur weil jemand Buben oder Mädchen mag ändert das nichts an dessen Qualitäten und sagt auch nichts darüber aus ob die Person ein guter oder schlechter Mensch ist. Wir haben ihr auch erklärt, dass diese Situation als normal betrachtet werden sollte, weil wir ja alle verschieden sind und wir ja nicht alle die gleichen Dinge mögen müssen. Aber das Mädchen hat darauf bestanden, dass Homosexualität abnormal sei und hässlich weil es eben Dinge gibt die nur Mädchen machen. Wir haben ihr weiterhin versucht zu erklären, dass wir es uns ja nicht aussuchen können ob wir Mädchen oder Buben mögen. Wir haben ihr gesagt, dass auch sie homosexuell sein könnte und sie möge sich doch vorstellen wie sie sich fühlen würde wenn andere so grausliche Kommentare machen würden. Sie wurde etwas nachdenklich, ist aber dann weggegangen. Tage später, es war der letzte Tag des homosexuellen Freiwilligen, ging das Mädchen zu ihm und hat sich bei ihm dafür entschuldigt was sie über ihn gesagt hat und hat ihn herzlich umarmt.

Ich war mit einigen Kindern im Kunstraum, als ich das folgende Gespräch zwischen Mariolaine (9 Jahre alt) und Sara (10 Jahre alt) mitbekommen habe: Mariolaine: „Uff, ich muss heute in die Schule.“ Sara: „Oh, schade, dass nicht Delta unsere Schule ist.“ Mariolaine: „Oh ja. Stell dir das vor! Wir könnten immer tun was wir gerne machen. Niemand der uns für irgendwas bestraft.“ Sara: „Ja, das wäre wirklich schön.“

Marcilia (14 Jahre) ist in den Computerraum gekommen, wo sie an allen Rechnern nur Jungen sitzen gesehen hat. Sie hat kurz herumgeschaut und dann etwas gesagt was alle Jungen aufschauen hat lassen: „So, und was ist jetzt mit Geschlechtergleichheit?”

Ich bin mit Solene (11 Jahre alt) und einigen anderen Kindern im Hausaufgabenraum gesessen. Wir haben herumgeblödelt, als Solene das Heft eines Mitschülers genommen hat. Sie hat eine Blick auf den Einband geworfen und hat angefangen sich darüber lustig zu machen: „ha ha das ist ja ein Heft für Mädchen … “ Aber dann hat sie plötzlich inne gehalten, erschrocken die Hand vor den Mund gehalten und ganz ernsthaft gesagt: „Oh nein … Geschlechtergleichheit!“

Ich war mit Nelly (6 Jahre alt) und anderen Kindern im Kunstraum. Nelly war die vergangenen zwei Jahre bei uns im Kindergarten und geht jetzt in die Schule.  Nelly hat angefangen nur Portugiesisch anstatt Kreol, wie sonst üblich, zu reden. Als ich dann auch angefangen habe Portugiesisch zu reden hat sie mich gefragt: „Hey, wo hast du denn Portugiesisch gelernt?“ Ich hab ihr erklärt, dass ich es einfach durch reden mit anderen Personen gelernt habe. “Und du Nelly? Warum redest du so gerne Portugiesisch?” “Ich? Vielleicht sprichst ja DU gerne Portugiesisch. Aber ich, ich LIEBE es!”